Die Neuromodulation ist die Modulation des Nervensystems mittels neurobiologischer, neurochemischer und neurophysiologischer Verfahren. Bei dieser Methode handelt es sich – im Gegensatz zu destruktiven Verfahren – um eine reversible Beeinflussung der neuronalen Transmission. Anbei eine Auflistung einiger anerkannter Verfahren.
Mittels dieser intrathekalen Arzneimittelinfusion gelangt das Medikament direkt in die „Schaltzentrale“ des Schmerzgeschehens: Es wird unmittelbar in die das Rückenmark umgebende Flüssigkeit abgegeben und erreicht so die Nerven im Rückenmark, die für unsere Schmerzwahrnehmung verantwortlich sind. Infolgedessen werden zur Schmerzbekämpfung sehr viel geringere Wirkstoffmengen, wie z.B. Morphin, benötigt als bei der Verabreichung über Tabletten oder intravenöse Infusionen. Im Vergleich zu oraler Gabe in der Regel 1% der Dosis. Darüber hinaus zeigt die gezielte Einleitung dieser wirkortnahen, speziellen Medikamententherapie eine entscheidend bessere Wirkung und vermeidet somit Belastungen des gesamten Organismus durch Nebenwirkungen, wie sie bei oraler oder intravenöser Medikamentengabe in nicht unerheblichem Maße vorkommen.
Die Implantation der Infusionspumpe
Je nach Therapie platziert der Arzt das Kathederende im Spinalraum – entlang der Wirbelsäule – um die Infusionslösung in den Liquor einzubringen. Auf diese Weise erreicht das Medikament die entsprechenden Nervenstrukturen am Schnellsten und entfaltet seine Wirkung direkt, ohne Umwege über den Magen-Darmtrakt oder Blutkreislauf. Für einen Zeitraum von ca. ein bis drei Wochen wird das Schmerzmittel über einen spinalen Katheder eingeleitet und die Dosis Schritt für Schritt erhöht, bis eine effektive Schmerzlinderung bzw. Dosis gefunden wird. Ist die Wirkung zufrieden stellend, erfolgt als nächster Schritt die Implantation der Infusionspumpe. Diese wird unter der Haut, i.d.R. im oberen Bauchbereich, in eine Art „Tasche“ zwischen Haut und Muskelgewebe implantiert. Dadurch werden Bewegungseinschränkungen für den Patienten vermieden. Für die ca. 1 Stunde dauernde Operation wird der Patient häufig einer Vollnarkose unterzogen; auch eine lokale Anästhesie ist aber durchaus üblich. Die Dauer des Krankenhausaufenthalts richtet sich nach dem Umfang eventueller sonstiger Maßnahmen, die im Rahmen der Therapie vorgesehen ist.
Für die gezielte (intrathekale) Arzneimittelinfusion gibt es zwei Systeme:
Gasbetriebene Pumpen
Diese Pumpen sind als Zweikammersysteme aufgebaut: die innere Kammer – das Medikamentenreservoir – ist ein flexibler Faltenbalg aus Titan; die äußere Kammer – die Druckkammer, auch aus Titan – enthält das Antriebsgas. Die Druckkammer ist hermetisch abgeschlossen. Durch die Körperwärme dehnt sich dieses Antriebsgas aus, presst so die innere Kammer zusammen und das Medikament strömt nun durch den Filter in die sog. Drosselstrecke, von da aus durch den Katheder an den Wirkort im Körper. Die dieser Micro – Systemtechnik zugrunde liegende Präzision ermöglicht höchste Flussratengenauigkeit bei gleichzeitig kompakter Bauform. Die Drosselstrecke begrenzt die Durchflussmenge, die das Medikamentenreservoir verlässt und sorgt für die exakte Dosierung der Infusionslösung. Je nach Therapieanforderungen können verschiedene Flussraten angeboten werden. Die Anpassung der Schmerzmitteldosis an die individuellen Bedürfnisse ist damit einfach und sicher. Auf dieses besondere Antriebskonzept haben Umgebungseinflüsse wie Luftdruck- oder Temperaturschwankungen nur einen sehr geringen Einfluss, so dass die Genauigkeit der Flussrate während des gesamten Entleerungszyklus sehr groß ist. Es handelt sich hier um eine höchst präzise Infusionspumpe – mit kleinen Ausmaßen und großem Medikamentenreservoir. Die Pumpe ist für eine lange Lebensdauer konzipiert. Der rein mechanische Antrieb funktioniert ohne Batterie.
Computergesteuerte Pumpen
Die Pumpe beinhaltet einen Arzneimittelvorrat und gibt automatisch die programmierte Menge des Schmerzmittels durch den Katheter ab. Ihr Arzt kann die Menge und den zeitlichen Ablauf der Medikamentenabgabe durch die Pumpe schnell und einfach mit einem kleinen, computerähnlichen Programmiergerät einstellen :
Infusionmodus
Die Infusionmodi bestimmen welche Medikamentendosis in welcher Zeit (pro Stunde oder Tag) oder für welchen Zeitraum verabreicht wird.
Der Schmerzen stellen eine häufige Begleitsymptomatik bei den verschiedensten Krankheitsbildern dar. Schmerzen werden als unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder möglicher Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird, definiert. Treten Schmerzen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten ständig oder immer wieder auf, werden sie als chronische Schmerzen bezeichnet. Bleibt die angestrebte Schmerzlinderung trotz der üblichen schmerztherapeutischen Verfahren aus, können neuromodulative Verfahren, wie die Neurostimulation eine Behandlungsalternative darstellen. Die Schmerzbehandlung mit einem speziellen implantierbaren elektrischen Nervenstimulations-System wird als Spinal Cord Stimulation (SCS) bezeichnet. Die Prinzipien dieser Therapie sind seit Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts bekannt. Die Therapie wird routinemäßig seit Mitte der achtziger Jahre eingesetzt. Mit Hilfe eines implantierbaren, elektronischen Impulsgebers werden spezielle Rückenmarksabschnitte durch schwache elektrische Impulse angeregt. Über eine Elektrode, die in den Wirbelkanal des Schmerzkranken eingebracht wird, sendet ein implantierter Neurostimulator elektrische Impulse aus, die eine Unterbrechung der
Schmerzweiterleitung zum Gehirn verhindern und damit eine Schmerzlinderung bewirken. Der Patient empfindet statt seiner ursprünglichen Schmerzen ein angenehmes Kribbeln im Schmerzgebiet. Zahlreiche klinische Untersuchungen belegen die vorteilhaften Auswirkungen der Nervenstimulation, wobei sie sich besonders effektiv zeigen bei: Nervenwurzelschädigungen unter anderen nach Rückenoperation, neuropathischen Schmerzsyndromen, Phantom- und Stumpfschmerzen, Durchblutungsstörungen, Zoster- und Postzosterneuralgien, inkompletter Querschnittssymptomatik, komplexen regionalen Schmerzsyndromen (CRPS), Angina pectoris, Rückenschmerzen. In einer ersten Operation werden eine oder zwei Elektroden in Lokalanästhesie über eine Nadelpunktion auf der Rückseite des Rückenmarksackes platziert. Dabei ist die Mitwirkung des Patienten erforderlich, um über die genaue Lokalisierung der erzeugten Kribblungen zu berichten. Der Eingriff dauert in der Regel unter zwei Stunden und findet ambulant oder unter kurzstationären Bedingungen statt. Nach dem Eingriff wird eine Probephase angeschlossen, wobei der Patient zuhause die Wirkung der Stimulation erfährt. Nach einer Woche wird die Probestimulation abgeschlossen. Bei zufriedenstellender Schmerzlinderung (über 50 Prozent Schmerzreduktion, eventuell auch Reduktion des Medikamentenverbrauchs) wird die Indikation für eine definitive Systemanlage gestellt. Falls die Probestimulation nicht das erwünschte Resultat bringt, können die Probe-Elektroden in einem kleinen Eingriff entfernt werden. Bei günstigem Verlauf der Probestimulation wird einige Wochen später in einem Eingriff in Vollnarkose der Neurostimulator eingebaut. Meistens wird dieser in die Bauchwand platziert. Bei Personen die häufig selber Auto fahren in der Regel auf der linken Seite, bei Beifahrern meistens rechtsseitig, da die Positionierung so Konflikte mit dem Verlauf des Sicherheitsgurts vermeidet. Die Elektroden werden über unter der Haut verlaufenden Extensionen mit dem Stimulator verbunden. Dieser Eingriff dauert in der Regel eine Stunde und kann auch ambulant oder kurzstationär durchgeführt werden. Es stehen verschiedene Stimulationssysteme zur Auswahl. Abhängig vom Schmerzsyndrom und Verteilungsmuster wird eine Elektrode ausgesucht, wobei aus vierpoligen, achtpoligen bis zu sechzehnpoligen Elektroden gewählt werden kann. Bei hohem Energieverbrauch während der Probestimulation kann ein aufladbarer Stimulator implantiert werden. Bei niedrigem Energieverbrauch wird ein klassisches System mit Batterie bevorzugt. Die aufladbaren Systeme werden beim jetzigen Stand der Technik nach neun Jahren ausgetauscht, bei den batteriebetriebenen Systemen ist ein Aggregatwechsel alle drei bis fünf Jahre zu erwarten. Bei erhöhtem Energiebedarf nach Systemeinbau kann auch später auf ein aufladbares System unter Beibehaltung der Elektroden gewechselt werden. Vorteile dieser Behandlung sind die Reversibilität. Es werden keine schmerzleitenden oder andere Nerven vernichtet oder durchtrennt. Es besteht keine Beeinflussung anderer Organsysteme (z. B. Niere, Leber, Bewusstsein)wie bei aggressiven medikamentösen Behandlungen. Beim Abstellen des Stroms ist der vorherige Zustand wieder herstellbar. Die Neurostimulation kann in mehr als sechzig Prozent der Patienten eine lang anhaltende mehr als fünfzigprozentige Schmerzreduktion bewirken. In einer Studie berichteten 88.2% der Patienten über eine sehr gute Linderung der Beinbeschwerden, 68.8% der Patienten berichteten eine sehr gute Kontrolle der Rückenschmerzen. Mögliche Probleme sind die Verlagerung der Elektroden im Spinalkanal, mit Veränderung der ausgelösten Kribblungen, Kabelbrüche und in einer ersten Phase Infektionen. Bei den meisten Patienten tritt keine Gewöhnung auf. Trotz der hohen initialen Kosten dieser Behandlung ist die Therapie nachweisbar, durch die erreichbare Reduktion in den Medikamenten – und anderen Therapiekosten wirtschaftlich. Die Kosten für das Neurostimulationssystem amortisieren sich in der Regel nach zwei bis drei Jahren. Die Therapiekosten werden von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Bei der Sakralnervenstimulation oder sakralen Neuromodulation (SNS) handelt es sich um ein Neuromodulationsverfahren, welches bei verschiedenen Kontinenzstörungen im Blasen- Darmbereich und Schmerzen im Beckenboden eingesetzt wird. SNS kann zum Beispiel. im urologisch / gynäkologischen Bereich eingesetzt werden bei Dranginkontinenz (häufiger, teils schmerzhafter Harndrang), bei hypotoner Blasenentleerungsströung (Patienten, die unfähig sind, die Blase zu entleeren und sich katheterisieren müssen). In der Proktologie / Gastroenterologie kann die SNS mit Erfolg bei Stuhlinkontinenz (unzureichende Schließmuskelfunktion), aber auch bei chronischer schwerer Obstipation (Verstopfung) eingesetzt werden. SNS kann hierbei die Lebensqualität für die Patienten massiv verbessern bei Beschwerden, welche sonst nur schwer oder nicht zu behandeln sind. SNS kann somit durchaus eine Alternative zu schweren, teils destruktiven Operationen (Blasenentfernung, Blasen- oder Schließmuskelplastik) in Betracht gezogen werden
Implantationsverfahren
Die Implantation besteht aus 3 Phasen:
Das Verfahren ist effektiv in der Behandlung der oben beschriebenen Erkrankungen, welche aus verschiedenen Ursachen heraus entstehen können (idiopathisch, neurologische Erkrankungen, Unfälle...) Die SNS ist reversibel und adaptierbar; das heißt, dass die Stimulation jederzeit in Stärke und Form reguliert und somit für den Patienten angenehm angepasst werden kann. Wenn nötig, kann die Stimulation jederzeit gestoppt werden. Es werden keine Strukturen zerstört. Somit ist der /die Patient (in) jederzeit auch für weitere neue Therapien offen.
Die Trigeminusneuropathie ist gekennzeichnet durch einen anhaltenden und meist brennenden Dauerschmerz im Ausbreitungsgebiet des Trigeminusnerven (Stirn, Ober- oder Unterkiefer). Ursache der Schmerzen ist meist eine Läsion oder Verletzung infolge eines Unfalles, einer Herpes zoster Erkrankung oder eines operativen Eingriffes am Trigeminusnerven. Die Behandlung dieser Schmerzsymptomatik ist oft frustran, zumal starke Schmerzmittel nicht ausreichend wirksam sind, und eine ursächliche Therapie nicht möglich ist. Mit der elektrischen Stimulation des Trigeminusnerven kann jedoch die Schmerzsymptomatik günstig beeinflusst werden. Bei dieser Methode wird über eine Punktionskanüle eine dünne Stimulationselektrode in das Ganglion Gasseri oder an einen peripheren Ast des Trigeminusnerven herangebracht. Mittels schwacher Stromimpulse, welcher der Patient mehrmals am Tag über einen Reizgenerator anfordert, wird der quälende Dauerschmerz durch ein angenehmes Kribbelgefühl überdeckt und somit eine Schmerzlinderung erzielt. Eine Erfolgsgarantie für diese Methode kann zwar nicht gegeben werden, aber im Falle einer erfolglosen konservativen Behandlung sollte die elektrische Stimulation des Trigeminusnerven in Erwägung gezogen werden. Hinweis: Die elektrische Stimulation des Trigeminusnerven kann nur bei einem neuropathischen Schmerzsyndrom (brennender Dauerschmerz) durchgeführt werden, nicht jedoch bei der klassischen Trigeminusneuralgie (blitzartiger, attackenförmig einschießender sowie triggerbarer Schmerz). Nur wenige Zentren sind auf diese Behandlungsmethode spezialisiert.